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Asylpolitik regional:
Demonstration von etwa 100 Deutschen und Flüchtlingen aus Hammelburg und Münnerstadt gegen Behördenwillkür vor dem Landratsamt in Bad Kissingen

"Wir wollen unsere Nachbarn zurück haben!", so rief der Freundeskreis für Flüchtlinge (FFF) Hammelburg zu einer Demonstration in Bad Kissingen auf.

Vor einigen Wochen wurde aus dem Hammelburger Flüchtlingsheim eine Mutter (21 Jahre) mit drei Kindern (3, 2 und 1/2 Jahr alt) von der Polizei ins Auto gesetzt und elf Stunden über Land nach Polen abgeschoben. Der Vater, der zu dieser Zeit nicht im Haus war (er war joggen, wie entgegen der Version der Landratsamtes Augenzeugen glaubhaft erzählen), war zwischenzeitlich untergetaucht, denn er wusste, dass er sofort in sein Heimatland, aus dem er geflohen war, abgeschoben und dort inhaftiert würde, getrennt von seiner Familie. Inzwischen ist er wieder "legal" und wohnt erneut im Asylbewerberheim im Ofenthaler Weg. Seine Frau und seine Kinder wird er aber vermutlich sehr lange Zeit nicht mehr sehen können.

Die Frau mit den drei kleinen Kindern (davon zwei in Deutschland geboren) wird jetzt in Polen in einer alten Kaserne festgehalten - mit nur wenig Möglichkeiten, nach draußen zu gehen oder Kontakt zu einem Anwalt oder anderen Menschen aufzunehmen, die ihr helfen könnten.

Die Abschiebung war in dreierlei Hinsicht gesetzeswidrig:
Erstens darf nach internationalen Verträgen eine Familie nicht auseinander gerissen werden. Laut Artikel 6 des Grundgesetzes gilt ein besonderer Schutz für Ehe und Familie.
Zweitens war die Abschiebung nicht angekündigt, was nach dem "Dublin-III"-Abkommen den Betroffenen die Möglichkeit geben soll, nach Terminbekanntgabe die Hilfe eines Rechtsanwaltes in Anspruch zu nehmen, falls die Abschiebung nicht rechtens ist. Diese Chance blieb der Mutter bzw. der Familie vorenthalten. Eine Zusage des Landratsamtes, vor Überstellungen von Kleinkindern Rücksprache mit den Kontaktleuten vor Ort zu halten, wurde nicht eingehalten.
Drittens erfolgt eine sogenannte "Rückführung" in das "sichere Drittland" (das Land, über das die Familie nach Deutschland gekommen ist und wo schon die Daten der Flüchtlinge aufgenommen wurden) nur innerhalb des ersten halben Jahres. Danach ist diese Rückführung nicht mehr rechtens. Die Familie war aber schon viel länger in Deutschland. Die Rückführung erfolgte in ein Land, in dem menschenunwürdige Bedingungen für Flüchtlinge herrschen.

Mitglieder des FFF kennen die Familie persönlich und hatten einen guten Kontakt zu ihr aufgebaut. Das älteste Kind sollte nach den Ferien endlich einen Platz im Kindergarten bekommen. "Deshalb wollen wir die Sache nicht auf sich beruhen lassen", so der FFF. Im Landratsamt hoffe man sicher, dass man so eine Aktion machen kann, der Aufschrei dann nur kurz und heftig ist und dann wieder Gras über die Sache wächst. Die Betroffenen können gegen Gesetzesverstöße nicht mehr klagen, da sie im Ausland unter erbärmlichsten Bedingungen untergebracht sind, die dies unmöglich machen.

Der FFF weiter: "Deshalb brauchen sie unsere Stimme!" Mit Unterstützung des Bayerischen Rundfunks, der Presse und der Kirche demonstrierten ca. 100 Menschen vor dem Landratsamt in Bad Kissingen. Die Anwesenden forderten, dass die Frau mit den Kindern zurückkommen, in Hammelburg den Ausgang ihres Asylverfahrens abwarten darf und die Familie wieder zusammengeführt wird.

"Wir wollen unsere Nachbarn zurück haben!" - eine Abschiebung vor Abschluss des Asylverfahrens von Familien mit Kindern ist nach Meinung des FFF menschenverachtend, rücksichtslos und in diesem Fall auch rechtswidrig. Das Landratsamt sollte wissen - so der Frreundeskreis -, "dass wir nicht schweigen werden zu solchem Vorgehen!"

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